Kinder trauern anders
Kinder trauern anders
Main-Post Bad Kissingen, 3. Januar 2013
Christian Presl-Stiftung gründet offene Gruppe
für Jungs und Mädchen
Kinder nehmen sich mit ihrer Trauer oft zurück, wollen die Eltern nicht belasten, weiß Maritta Düring-Haas aus ihrem Umgang mit Menschen, die einen Angehörigen verloren. Die Leiterin der bei der Presl-Stiftung angesiedelten Beratungsstelle für Hinterbliebene hat ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. „Das eine Kind trauert stark, das andere ist ausgeglichen.“ Es kann Momente tiefen Schmerzes geben, die durch Fröhlichkeit ausgeglichen werden. Kinder trauern anders, sagt die Sozialpädagogin. Deswegen soll es ab Januar eine eigene Kindergruppe geben.
Die Presl-Stiftung gibt es seit fünf Jahren. Angehörige stoßen dort mit ihren Sorgen und Nöten auf offene Ohren. Trauerbegleitung wird ebenso angeboten wie die Vermittlung rechtlicher Beratung und die Möglichkeit, mit jemandem Alltagsprobleme aufzuarbeiten, die zum Beispiel am Arbeitsplatz, beim beruflichen Wiedereinstieg oder bezüglich der Betreuung der Kinder entstehen.
Bislang gab es allerdings solche Gesprächsgruppen und Erlebnisangebote hauptsächlich für Erwachsene. Für die Jungs in Trauerfamilien initiierten die Mitarbeiterinnen der Stiftung erstmals 2009 ein Kletterprojekt, das sehr gut angenommen wurde. Trauerarbeit auf dem Pony, Bogenschießen und ein Kam-Chi-Angebot (eine Art Kampfsport, der Stille und Ausgleich beinhaltet) folgten. Die Unternehmungen fanden jedoch immer innerhalb einer geschlossenen Gruppe statt.
Jetzt starten die Mitarbeiterinnen der Stiftung einen neuen Versuchsballon: Ab 25. Januar 2012 wollen sie Mädchen und Buben einmal monatlich zur Trauerverarbeitung einladen – und jeder kann nach Bedarf dazu kommen oder auch mal wegbleiben. „Denn die einen trauern länger, die andern kürzer“, weiß Düring-Haas.
Eltern sind einbezogen
Außerdem können die Kids einfach in die Gruppe reinschnuppern. Denn das Kind muss zur Gruppe wollen, so die Sozialpädagogin. „Das ist entscheidend dafür, ob es sich später auf die Trauerarbeit einlässt.“
In der Kindergruppe haben Angebote, wie Reiten, Klettern und die berühmte Schnitzeljagd ebenso Platz wie kreative Tätigkeiten und Gespräche. „Wir wollen erst mal schauen, was die Kinder brauchen und tun möchten“, sagt Düring-Haas. Jedenfalls können die Mädchen und Buben alles fragen und besprechen, was sie wollen. Vielleicht wollen sie auch erst mal einfach schweigen und zuhören. Dabei muss es nicht zwangsläufig um Tod und Sterben gehen, meint die Sozialpädagogin. Oft drücken da erst mal Probleme in der Schule oder der Zoff mit dem besten Freund/der besten Freundin.
Die Kinder treffen sich einmal im Monat in der Praxis „Heilkunst“ von Ariane Kayser in Bad Kissingen. Die Kreativtherapeutin wird die Gruppe zusammen mit Düring-Haas begleiten. Kayser hat mit den Kindern eine Gemeinsamkeit, wie sie sagt. Vor ein paar Jahren starb ihre Tochter Luisa im Alter von zwölf Jahren. Das mussten auch ihre drei anderen Kinder erst verarbeiten. Sie weiß also sehr gut, was Kinder in der Trauerphase beschäftigt: Habe ich lang genug getrauert? Darf ich eigentlich wieder lachen? Alles Fragen, mit denen sich die Kinder – oft insgeheim – herumschlagen, sagt Kayser.
Am 23. Januar ist zunächst ein Elternabend geplant, bei dem man sich vor Ort informieren kann, sagt Sozialpädagogin Düring-Haas zum Konzept. Auch später sind die Mütter und Väter eingebunden. Es soll sogar gemeinsame Familienaktivitäten geben.
(Verfasserin: Isolde Krapf)