Nachhall 2014
Christian Presl-Stiftung
UNTERSTÜTZUNG FÜR MENSCHEN IN TRAUER
Artikel aus der Broschüre „Nachhall“ der Klinik Bavaria Bad Kissingen, November 2014
Das Team der Christian Presl-Stiftung begleitet Menschen in Trauer. Die drei Mitarbeiterinnen gewährten uns Einblick in ihre wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Ein trauriger Anlass führte zur Gründung der gemeinnützigen Stiftung. Christian Presl, der ältere Bruder des heutigen Geschäftsleiters der Klinik Bavaria Bad Kissingen Michael Presl, kam bei einem Verkehrsunfall 2005 ums Leben. Aus der Erfahrung der eigenen Trauer heraus gründeten die Angehörigen dann 2006 die Stiftung und benannten diese nach dem Verstorbenen. Darüber hinaus gab es in Bad Kissingen und Umland bis dato keine vergleichbare Institution.
Seit fast acht Jahren stellen Maritta Düring-Haas, Rosemarie Stüwe und Cornelia Weber trauernden Menschen aus der Region eine Anlaufstelle zur Verfügung. Es ist ihr stetiges Anliegen, professionell, individuell und kostenfrei zu unterstützen. Menschen, die unter verschiedensten Umständen wie z. B. durch eine Krankheit, einen Unfall, Suizid oder Gewaltverbrechen einen Angehörigen verloren haben, wenden sich an die Mitarbeiterinnen der Stiftung. Ähnlich breit gefächert ist auch die Altersstruktur der Trauernden. Selbst Kleinkinder empfing Maritta Düring-Haas bereits in den Stiftungsräumen. „Wobei dies natürlich eher die Ausnahme darstellt und diese nicht von sich aus zu uns kommen, sondern sich etwa die Mutter Sorgen um das trauernde Kind macht“, führt die Sozialpädagogin weiter aus. Ansonsten sind bis ins hohe Alter hinein sämtliche Altersklassen vertreten. Auch darüber, zu welchem Zeitpunkt nach dem Verlust des Angehörigen das Gespräch gesucht wird, lassen sich keine eindeutigen Angaben machen. Die emotionale Intensität der Trauer und deren Verlauf unterscheiden sich von Mensch zu Mensch. Daher kann es sein, dass manche Hinterbliebenen unmittelbar nach dem Verlust Unterstützung suchen, während andere erst Jahre später die Stiftung aufsuchen.
Allgemein gilt, dass Pauschalisierungen im Hinblick auf die Trauer kaum zielführend sind. Vielmehr ist Trauer als eine höchst individuelle Gefühlsregung zu verstehen, auf die die Betroffenen entsprechend ihrer Persönlichkeit reagieren. Und diese Reaktionen sollten zugelassen werden. „Den Menschen tut es gut, wenn sie jemanden treffen, der bei ihnen ist, der sitzen bleibt und die Tränen, die Verzweiflung, die Angst und die Wut mit-aushält und sagt ,Du darfst jetzt so sein. Es ist in Ordnung‘“, so Cornelia Weber. Im privaten Umfeld wird den Trauernden diese Möglichkeit oft genommen, um sie zu schonen. So werden Verstorbene von der Umgebung im wörtlichen wie übertragenen Sinne oftmals totgeschwiegen. Dabei täte es den Trauernden gut, gelegentlich über ihren Verstorbenen zu reden, auch wenn dabei Tränen fließen. „Das können Außenstehende oft nur schwer aushalten,“ erläutert Maritta Düring-Haas.
Auch gut gemeinte Ratschläge oder aufmunternde Sätze à la „Das wird schon wieder“ können ihren Zweck schnell verfehlen, sich ins Gegenteil verkehren und den Trauernden tief kränken. „Man kann durchaus Unterstützung leisten, wenn man die Trauerenden so sein lässt, wie sie in diesem Augenblick sind. Wahllose Durchhalteparolen sollten dagegen vermieden werden“, sind sich beide Sozialpädagoginnen einig.
Beratung oder Begleitung?
Etwas kritisch sieht das Team den Begriff „Beratungsstelle“. „Uns fällt es immer schwer, diese Bezeichnung zu wählen, da wir genau wissen, dass wir keinem Trauernden einen Rat geben können, wie er mit seiner Trauer umgehen soll,“ meint Maritta Düring-Haas. Stattdessen könnten Trauernde lediglich darin begleitet werden, ihren eigenen Weg zu finden. „Beratungsstelle“ suggeriere nun, dass den Trauernden konkrete Lösungsmöglichkeiten für ihre oft schwierige Situation aufgezeigt würden. Daher bevorzugt das Team den Begriff Trauerbegleitung. Die unter diesem Terminus zusammengefassten Angebote und Veranstaltungen sind vielfältig. Erwähnt wurde bereits das Gespräch, in dem in erster Linie zu- bzw. hingehört und der Trauer auf diese Weise ein Raum gegeben wird. Dies erfolgt meist in Form eines Zwiegesprächs zwischen dem Trauernden und der Stiftungsmitarbeiterin. Gelegentlich wenden sich aber auch Paare und Familien an die Stiftung, die beispielsweise ein Kind verloren haben.
Intervall und Dauer der Gespräche variieren von Fall zu Fall. Ein großer Vorteil gegenüber therapeutischen Sitzungen liegt darin, dass nicht nach 45 Minuten oder 10 verordneten Terminen Schluss sein muss, sondern es kann sich Zeit genommen werden, der die Trauernden bedürfen. Gruppen und Veranstaltungen Darüber hinaus bietet die Christian Presl-Stiftung ab 2015 zwei Gruppen für verwitwete Frauen, und je eine Gruppe für Kinder und für Jugendliche an. Eine dem Alter entsprechende Trennung der Gruppen wurde deshalb vorgenommen, da in unterschiedlichen Lebensabschnitten verschieden mit Trauer umgegangen wird. So können viele Kinder nicht ununterbrochen in einer tiefen Trauerphase verharren. „Sie springen eher von Tränenpfütze zu Tränenpfütze“, meint Maritta Düring-Haas, die ihr Beispiel verdeutlicht: „Ein Kind kann eine halbe Stunde dasitzen und weinen. Dann hört es draußen einen Freund rufen, geht zu ihm auf die Straße, lacht und hat Spaß.“ Erwachsene neigen hingegen mehr dazu, in einem Meer aus Tränen zu versinken. Diese unterschiedlichen Verhaltensweisen wirken sich nicht zuletzt auf die Arbeit in den Gruppen aus. Vor allem den Jüngeren fällt es schwer, Gefühle in Worte zu fassen. Ausdruck und Austausch finden daher auf anderen Ebenen statt, z. B. mit Hilfe der Malerei. Trauernde Jugendliche sind dagegen verstärkt auf Identitätssuche, stellen Fragen nach dem Warum. Außerdem fühlen sie sich mit ihren Problemen oft alleingelassen oder unverstanden. Dieses Gefühl wird in den Gruppen gelindert, da sie dort Leidensgenossen kennenlernen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Beiden Gruppen ist gemein, dass versucht wird, schnell ins Tun zu kommen, aktiv und kreativ zu sein. Neben vielen gestalterischen Angeboten, können sich die Kinder sportlich betätigen und fi nden bei Bedarf immer ein offenes Ohr.
In Ergänzung zu den Gesprächen wird in den Witwengruppen ebenfalls versucht, alternative Zugänge zu den Gefühlen zu finden. Möglichkeiten zum Ausdruck bzw. Bewusstwerden der Gefühle bieten Angebote, in denen die Trauer im meditativen Tanz oder auch durch Steinbildhauen artikuliert wird. Ein weiterer positiver Effekt liegt in der Vernetzung der Frauen untereinander, für die es nach oft langjähriger Partnerschaft eine große Überwindung darstellt, alleine etwas zu unternehmen. In diesem Fall hilft die Gruppe ganz konkret durch gemeinsame Aktivitäten. Neben den regelmäßig stattfindenden Gruppen werden im Laufe des Jahres zudem verschiedene Veranstaltungen angeboten. Das Jahresprogramm für 2015 umfasst etwa Kreativwerkstätten, Wanderungen und Themenabende.
„Spenden statt Geschenke“…
…lautet der Name einer von der Christian Presl-Stiftung und der Klinik Bavaria Bad Kissingen gemeinsam initiierten Aktion. Zur Finanzierung ihrer Angebote ist die gemeinnützige Stiftung auf Spenden angewiesen, um etwa die therapeutische Begleitung der Angebote gewährleisten zu können. Im Rahmen dieser Idee wurden Geschäftspartner der Klinik Bavaria dazu aufgerufen, auf geschäftliche Weihnachtsgeschenke zu verzichten und stattdessen die Kindertrauergruppen zu unterstützen. Wer sich dieser sinnvollen Idee anschließen möchte, findet alle weiteren Informationen auf der Homepage der Christian Presl-Stiftung.